Innerfamiliäre Unternehmensnachfolgen sind in vielen Familienunternehmen die Wunschform der Nachfolge. Im Expertengespräch zeigt Ingo Claus auf, worauf Firmeninhaber bei der Vorbereitung des Generationswechsel achten müssen. Gleichzeitig sprechen wir darüber, in welchen Fällen ein Unternehmensverkauf besser als eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge ist.
Zu welchem Zeitpunkt sollten Firmeninhaber anfangen, sich Gedanken über die Unternehmensnachfolge zu machen und Maßnahmen einzuleiten?
Unserer Meinung nach ist es gut, sich fünf Jahre vor der geplanten Übergabe erstmals Gedanken zu machen und einen Übergabefahrplan zu erarbeiten. Denn oftmals benötigt ein Unternehmer noch zwei bis drei Jahre Zeit, um sein Unternehmen richtig auf einen bevorstehenden Generationswechsel vorzubereiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser innerhalb oder außerhalb der Familie stattfindet.
Alternative zur innerfamiliären Unternehmensnachfolge planen
Ist eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge geplant, empfiehlt es sich, eine externe Nachfolge als Alternativlösung zu durchdenken: Hierfür sind oftmals noch Optimierungen notwendig, um die Firma nachhaltig wertvoller zu machen. Dadurch erzielt man im Falle eines möglichen Verkaufes einen besseren Preis.
Welche Voraussetzungen sind unverzichtbar dafür, die eigene Firma an die nachfolgende Generation zu übergeben (bzw. diesen Prozess einzuleiten)? Wann macht eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge ausschließlich Sinn?
Eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge macht nur dann Sinn, wenn es von allen Seiten gewollt ist. Das heißt zum einen, dass der Senior inhaltlich davon überzeugt sein muss, dass die Übernehmer das Unternehmen in eine gute Zukunft führen können. Darüber hinaus muss er bereit sein, die Verantwortung abzugeben.
Die Junioren ihrerseits müssen die Freiheit haben, das Angebot einer familieninternen Unternehmensnachfolge anzunehmen oder auch abzulehnen. Freiheit in beiderseitigem Sinne ist das wichtigste Erfolgskriterium überhaupt. Nur so lässt sich eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge langfristig erfolgreich gestalten.
Entscheidungen brauchen Freiheit
Parallel dazu sollten die Beteiligten gemeinsam einen Zeitplan erarbeiten, der Meilensteine für die Übergabe fixiert. Dazu kann unter anderem auch gehören, dass dem Übernehmer eine gewisse Zeit eingeräumt wird. In dieser kann er herausfinden, ob er das Familienunternehmen weiterführen möchte. Erst danach kann eine einvernehmliche Entscheidung zwischen den Parteien getroffen werden und weitere Meilensteine festgelegt werden. Dazu gehört u. a. die Vorbereitung und Qualifikation der Übernehmer ebenso wie der Zeitpunkt des Übergangs der Verantwortung im Unternehmen.
Ein Übergeber sollte sich auch die Freiheit nehmen, eine andere Nachfolgelösung vorzuziehen, wenn Vereinbarungen zur Vorbereitung seitens des Übernehmers nicht getroffen werden.
Bei welchen Rahmenbedingungen sollte man sich dagegen eine andere Nachfolgelösung überlegen?
Sollte das Unternehmen eine wirtschaftlich schwierige Perspektive haben, würde ich Übergebern immer raten eine außerfamiliäre Lösung zu suchen. Die Last, ein Unternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage oder einem beständig rückläufigen wirtschaftlichen Markt- und Branchenumfeld weiterzuführen, sollte Kindern nicht zugemutet werden.
Dauerhafte finanzielle Verpflichtungen meiden
Problematisch sind darüber hinaus starke vertragliche Bindungen, die langfristige finanzielle Verpflichtungen für die Übernehmergeneration nach sich ziehen. Von Rentenmodellen rate ich grundsätzlich ab, da diese den Übernehmer in wirtschaftlich engen Zeiten zu stark belasten.
Eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge ist auch dann ungeeignet, wenn die nachfolgende Generation die Firma nicht aus innerster Überzeugung und Freiheit übernimmt. Dies gilt auch für den Fall, dass sich die Übergeber nicht aus dem Tagesgeschäft zurückziehen möchten.
Welche Voraussetzungen sollte der Nachwuchs mitbringen, um ein adäquater Nachfolger zu werden?
Dies hängt stark vom zu übergebenden Unternehmen ab: Ein Softwareunternehmen hat da ganz andere Anforderungen als ein Handwerks- oder Produktionsbetrieb. Dennoch ist eine gewisse Vertriebs- und Führungsstärke für die meisten Unternehmensnachfolger sicherlich sehr wichtig.
Wie bereitet sich ein Firmenchef gemeinsam mit seinem Junior optimal auf die Nachfolge vor? Bitte nennen Sie nur die wichtigsten Punkte, die Sie empfehlen würden?
Wichtig ist, dass der Nachwuchs über eine zeitlich befristete oder bereits vorhandene Zusammenarbeit bewusst feststellen kann, was der Übergeber für einen Job macht.
Ausbildungszeiten außerhalb der Firma einplanen
Aus systemischer Sicht sollte gerade in der Ausbildungsphase der Einfluss der Übergebergeneration auf den Nachwuchs verringert werden: Die Junioren sollten sich außerhalb der Firma auf eine mögliche innerfamiliäre Unternehmensnachfolge vorbereiten. Dies bedeutet, dass sie so lange wie möglich außerhalb des Unternehmens, der Stadt oder auch im Ausland Erfahrungen sammeln sollten. Das in dieser Zeit erlernte Know-how wird dem Unternehmen nach einer Übergabe gut tun.
Fehlen dem Übernehmer noch Kompetenzen hilft klar ein Ausbildungsplan. Der notwendige Bedarf lässt sich z.B. über ein Coaching feststellen. Danach sollte ein Zeitplan aufgestellt, die entsprechenden Weiterbildungsangebote rausgesucht und mit der Vorbereitung begonnen werden.
Wie lang dauert so ein Übergabeprozess? Wie lang sollte der Senior nach Übergabe noch im Unternehmen bleiben? Sollten solche Fristen klar geregelt und schriftlich festgehalten werden?
Das ist hochgradig individuell und hängt immer vom Projekt ab. Ein Übergabeprozess dauert manchmal nur wenige Monate. In konstruktiven Übergabeprozessen kann dieser Prozess manchmal ein, zwei oder drei Jahre dauern.
Der Beirat als Steuerungsinstrument
Nicht nur im Falle einer familieninternen Unternehmensnachfolge sollte ein Übernehmer die Netzwerke, das Wissen und die Marktkenntnis des Übernehmers nutzen. Dies muss aber nicht notwendigerweise in Form einer Doppelspitze sein. Wir empfehlen hier das Instrument eines regelmäßig tagenden Beirats. Ein solcher Beirat ist ein hilfreiches und kostengünstiges Instrument, um wichtige Themen außerhalb des Tagesgeschäftes zu besprechen.-
Der Beirat sollte neben Junior und Senior auch mit ein oder zwei befreundeten Unternehmern besetzt werden. Auch ein mit familieninternen Übergaben erfahrener Berater im Gremium macht Sinn. So kann er helfen kritische oder vielleicht auch konfliktreiche Entwicklungen im Sinne der Familie zu erkennen und frühzeitig zu reagieren. Wichtig ist, dass die Meilensteine des Übergabeprozesses klar geregelt und schriftlich festgehalten werden.
Wie geht man vor, wenn mehrere Kinder das Unternehmen gleichzeitig, gleichberechtigt übernehmen sollen?
Eine Unternehmensübertragung zu gleichen Teilen ist immer eine schwierige Lösung. Sie erschwert Entscheidungen im Unternehmen und kann damit die Zukunft des Unternehmens gefährden. Grundsätzlich ist es gut, wenn eins der Kinder mehr Verantwortung bekommt. Dies führt zu mehr Klarheit in den unternehmerischen Entscheidungen und beugt ermüdenden Abstimmungsprozessen in der Firma vor.
Soll es wirklich eine gleichberechtigte Nachfolge geben, empfehle ich immer eine klare, schriftlich niedergelegte Trennung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen.
Aufgaben- und Verantwortungsbereiche trennen
Auch in dieser Situation empfiehlt sich eine geschickte Begleitung der Junioren durch einen Beirat. Hier lassen sich zumeist innerhalb der Familie stabile Vereinbarungen im unternehmerischen Sinne treffen. Kritisch kann es werden, wenn bei einer gleichberechtigten Übergabe zusätzlich Schwiegerkinder ins Unternehmen kommen und diese Entscheidungen maßgeblich mit beeinflussen.
Gesellschaftsvertrag und Testament synchronisieren
Ganz besonders wichtig ist in diesen Prozessen die Synchronisation zwischen Testament und den Gesellschaftsverträgen. Denn Gesellschaftsrecht steht immer über dem Erbrecht. Eine mangelnde Abstimmung der testamentarischen mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen kann den Familienfrieden im Erbfall erheblich stören.
Welche psychologischen oder Kommunikationsprobleme zwischen den Verwandten gibt es bei einem Generationenwechsel häufig? Haben Sie Tipps, wie man diese Konflikte löst oder nicht erst aufkommen lässt?
Dies lässt sich am leichtesten mit einem kleinen Modell der unterschiedlichen Beziehungsebenen erklären. Mitglieder von Unternehmerfamilien sind immer Mitglied der Familie, zumeist auch Eigentümer des Unternehmens und arbeiten sogar mit. Aus Kommunikationssicht gibt es ganz andere Zugangswege, Währungen und Entscheidungskriterien.
Rollenwechsel sorgen für Konflikte
Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen: In eine Familie wird man geboren, die gemeinsame Währung sind Liebe, Bindung und Anerkennung, Wesentliches Entscheidungskriterium ist das Wohlergehen der Familie. In eine Firma tritt man zumeist über eine vertragliche Bindung ein, die wesentliche Währung ist Geld gefolgt von Karrierezielen und Anerkennung. Wesentliches Entscheidungskriterium ist die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.
Als Gesellschafter und Eigentümer setzt man sich dagegen häufig mit verwandten Personen auseinander. Die wesentliche Währung ist die Höhe des Anteilsbesitzes. Dazu kommen die Autorität und Erfahrung der einzelnen Gesellschafter. Oberziel und damit wichtigstes Entscheidungskriterium ist die Existenzsicherung der Firma und der Gesellschafter.
Die Zugehörigkeit eines Einzelnen zu diesen drei Systemen ist die Ursache vieler Kommunikationsprobleme.
So findet im Unternehmen auch permanent ein Rollenwechsel statt. Es ist oft unklar, wer mit wem spricht bzw. in welcher Rolle gesendet und empfangen wird: Der Vater mit dem Sohn oder zwei gleichberechtigte Gesellschafter des Unternehmens.
Moderierte Übergabeprozesse erfolgreicher
Entgegen dem landläufigen Sprichwort empfehlen wir deshalb: Reden ist Gold, Schweigen ist Silber. Ein regelmäßiger von einem neutralen Moderator oder einem Mediator begleiteter Familien-Jour-Fixe hilft, die Kommunikation zu professionalisieren.
Ich habe gelesen, dass Fehler bei der Übergabe von Generation 1 an 2 Schwierigkeiten für die zweite und sogar dritte Generation mit sich ziehen können. Was muss man zu dem Zeitpunkt schon vorbereiten, damit es nicht zu langfristigen Problemen kommt, mit denen man aktuell noch nicht rechnet?
Dies kann so sein und kommt sehr auf die vertragliche Konstruktion an. Je klarer und transparenter die entsprechenden Regelungen sind, desto besser ist dies für alle Generationen.
Wesentlich ist dabei eine sensible Feinabstimmung sowohl auf der sachlichen als auch auf der emotionalen Ebene. In diesen sensiblen Prozessen ist die Begleitung durch einen erfahrenen und neutralen Moderator sehr empfehlenswert.
Was gilt es für Familienunternehmen im Besonderen zu beachten? Wie wird sichergestellt, dass der Junior bei den Kunden (und auch bei der Belegschaft) als kompetenten Nachfolger dasselbe Vertrauen wie der Senior genießt? Wie sichert man die Aufträge und Kundenbeziehungen auch über die Firmenübergabe innerhalb der Familie hinaus?
Dies kommt wiederum sehr auf die Größe des Unternehmens an. Hilfreich ist immer, wenn es im Unternehmen eine zweite Führungs- und Wissensebene gibt.
Die Innerfamiliäre Unternehmensnachfolge ist meist dann erfolgreich, wenn die Entscheidungskompetenz klar an den Sohn oder die Tochter übergeht und die kommunizierte Aufgabentrennung klar gelebt wird. Damit signalisiert der Senior Respekt und Wertschätzung gegenüber seinem Nachfolger.
Klare Übergabe von Verantwortung
Solange ein Senior noch in der Firma ist, neigen Mitarbeiter gern dazu, den oder die Nachfolger bei Entscheidungen zu übergehen und direkt den „Alten“ einzubeziehen. In diesem Fall sollte dem Mitarbeiter klargemacht werden, dass die Entscheidungskompetenz jetzt klar bei der nachfolgenden Generation liegt.
Bei der Einführung eines Nachfolgers in das Netzwerk des Übergebers sollten möglichst frühzeitig persönliche Verbindung aufgebaut werden. Hierzu ist eine achtsame und frühzeitige Kommunikation mit den Geschäftspartnern notwendig.
Gibt es darüber hinaus Probleme, Herausforderungen, Besonderheiten, die bei einer innerfamiliären Unternehmensnachfolge besonders zu beachten sind?
Nein. Jeder Fall ist hochgradig speziell.
Zudem ist es wichtig, die wichtigsten Stolpersteine beim Generationswechsel zu kennen. Melden Sie sich daher direkt zu unserem Grundlagen-Webinar “Die fünf größten Fehler beim Generationswechsel in Familienunternehmen” an!
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FAQ
Problematisch sind starke vertragliche Bindungen, die langfristige finanzielle Verpflichtungen für die Übernehmergeneration nach sich ziehen. Rentenmodelle sind nicht zu empfehlen, da diese den Übernehmer in wirtschaftlich engen Zeiten zu stark belasten.
Eine innerfamiliäre Unternehmensnachfolge ist auch dann ungeeignet, wenn die nachfolgende Generation die Firma nicht aus innerster Überzeugung und Freiheit übernimmt. Ebenso, wenn die Übergeber nicht aus dem Tagesgeschäft zurückziehen möchten.
Der Senior sollte den Junior möglichst frühzeitig persönlich in das Netzwerk einführen. Zudem hilft ein Gremium mit ein oder zwei befreundeten Unternehmern und einem erfahrenen Berater. Dieses ist eine kostengünstige Lösung und bespricht wichtige Themen außerhalb des Tagesgeschäfts. Die Begleitung durch einen erfahrenen Moderator ermöglicht die Verbesserung der Kommunikation. Die klare Übergabe von Verantwortung verhindert, dass sich Mitarbeiter weiterhin an den alten Chef wenden. Zudem müssen Gesellschaftsvertrag und Testament synchronisiert werden. Denn Gesellschaftsrecht steht immer über dem Erbrecht.
Die meisten Nachfolger brauchen eine gewisse Vertriebs- und Führungsstärke. Zudem hilft eine zeitlich befristete Zusammenarbeit die Arbeit des Übergebers kennen zu lernen. Die Ausbildung des Nachfolgers sollte außerhalb des Familienunternehmens erfolgen. So verringert sich der Einfluss des Übergebers in dieser wichtigen Phase. Das erlernte Know-how wird dem Unternehmen gut tun.